Knollenblätterpilzvergiftung
Hervorgerufen durch die Toxine verschiedener Amanita-Arten, insbesondere Amanita phalloides (VAILL.) SECR., dem Grünen Knollenblätterpilz, und Amanita verna (BULL. ex FR.) PERS. ex VITT., dem Weißen oder Frühlings-Knollenblätterpilz. Bei den als Amato- und Phallotoxinen bezeichneten toxischen Verbindungen handelt es sich um bizyklische Okta- bzw. Heptapeptide, die sowohl gegenüber Hitze als auch den Enzymen des Magen-Darm-Traktes stabil sind. Die Giftwirkung beruht vor allem auf einer Hemmung der RNS-Polymerase. Die letale Dosis beträgt beim Menschen 0,1 mg pro kg Körpergewicht, im Durchschnitt also 5 bis 8 mg, eine Menge, die bereits in einem Pilz durchschnittlicher Größe enthalten ist.
Die Vergiftung verläuft in mehreren Phasen:
1. Symptomlose Latenzphase (6 bis 24 Stunden nach der Pilzmahlzeit)
2. Gastrointestinale Phase. Dauer ca. 6 bis 9 Stunden. Kennzeichen sind heftige, wässrige choleraartige Durchfälle, starke Abdominalschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
3. Symptomarmes, ca. 12 bis 24 Stunden andauerndes Intervall, was gelegentlich auch nach stationärer Aufnahme zur Fehldiagnose und Entlassung des Patienten führt (auch bezeichnet als "trügerisches Intervall").
4. Hepatorale Phase. Beginnt meist am 4. Tag nach der Pilzmahlzeit unabhängig davon, ob Behandlung der Symptome der 2. Phase durch Flüssigkeits- und Elektrolytersatz erfolgte. Gekennzeichnet durch Ikterus, gastrointestinale Blutungen, Delirium und in schweren Fällen Coma hepaticum gefolgt von Nierenversagen und Tod.
Bei exakter Diagnose und Einhaltung eines speziellen Therapieschemas können heute Todesfälle weitgehend vermieden werden. So traten beispielsweise bei 18 in Rheinland-Pfalz/Hessen im Jahr 1998 gezählten Knollenblätterpilzvergiftungen keine Todesfälle auf.
Quellen: Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch: 8. Auflage, neu bearbeitet und erweitert von Artur Burger und Helmut Wachter, Walter de Gruyter, Berlin, New York 1998; Deutsche Apotheker Zeitung 138: 3500 (1998); Deutsche Apotheker Zeitung 139: 3050 (1999)